„With the 74th pick in the 2022 NFL Draft, the Atlanta Falcons select Desmond Ridder, Quarterback, Cincinnati“
Noch vor dem Draft als später Erstrundenpick gelobt, fällt Desmond Ridder bis in die dritte Runde und wurde als zweiter Quarterback des gesamten Drafts gewählt.
Der Weg dahin
Bereits direkt nach dem Trade von Matt Ryan wurden die Atlanta Falcons mit einem Rookie Quarterback in Verbindung gebracht. In der Regel mit Malik Willis, welcher ein Atlanta Native ist. Und auch das Interview von Ian Rapoport brachte die Gerüchteküche nochmals stark ins Brodeln, sodass viele Fans in den Draft mit der Erwartung hineingingen, dass das Team relativ früh einen Quarterback auswählt und somit den Rebuild direkt einleitet. Es kam alles anders. An Nummer 8 wurde nicht etwa ein Quarterback genommen, sondern USC Wide Receiver Drake London, welcher direkt die Rolle des WR1 übernehmen dürfte. Lediglich die Pittsburgh Steelers konnten es nicht mehr aushalten und wählten an Stelle 20 Quarterback Kenny Pickett. Und so gingen die Picks der Seattle Seahawks, New Orleans Saints, Tennessee Titans, welche auch als potentieller Landing Spot eines Quarterback galten, nachdem sie WR A.J. Brown zu den Eagles schickten, und unseren Atlanta Falcons vorbei. Erst 54 Picks nach dem ersten Quarterback wurde der kleine Fluch gebrochen und die Atlanta Falcons wählten ihren nächsten Quarterback im Draft.
Blick auf Desmond Ridder
Wie am Anfang schon kurz erwähnt, wurde Desmond Ridder vor dem Draft als später Erstrundenpick gehandelt und fand sich in jeder Top-10 Quarterback Liste ganz oben wieder. Doch was macht Desmond Ridder aus? Und wieso wurde er dann doch erst in Runde 3 ausgewählt, wenn er späte Ersterunde Qualitäten aufweist?
Ridder ist aktuell 22 Jahre alt, 6‘3“ (190cm) groß, wiegt 211 pounds (95kg) und wird häufig mit Marcus Mariota verglichen. Ob der Vergleich wirklich passend ist, schauen wir uns später an.
In Cincinnati gilt Desmond Ridder mittlerweile als Gott, da er für den Erfolg und den Aufstieg der Bearcats steht. Seine Karriere begann so schlecht, dass er in seinem true freshman year als „undraftable“ galt. Mittlerweile ist er ein Quartback welcher konsequent aus der Pocket gewinnen kann. Dies hat er möglich gemacht, indem er jedes Jahr seine Schwächen deutlich reduzieren konnte, und das spiegelt sich auch in seinen Stats wieder.
Ihm wird nachgesagt, dass er bereits mit NFL-Geschwindigkeit spielen kann und so schnell und sauber durch seine Reads geht - und das mit Abstand am besten aller Quaterbacks aus der 2022er Klasse. Des Weiteren kann er sehr gefährlich durch einen Lauf werden, wenn man diesen nicht berücksichtigt. Also genau das, was vielen an Matt Ryan gefehlt hat.
Außerdem, was man auch schon in vielen Interviews nach dem Draft gesehen hat, wird Desmond Ridder für seine Arbeitseinstellung und seine Führung im Locker Room von allen seiner Coaches hochgelobt. Ridder ist ein Baller und versucht sein bestmögliches um sein Team zum Sieg zu führen.
Das liest sich alles schön und gut. Doch wieso ist er dann bis in die dritte Runde gefallen?
Ein Grund ist unter anderem sein durchschnittlicher Arm. Dieser ist nicht schwach oder schlecht, jedoch im Vergleich mit Malik Willis, Carson Strong oder NFL Quartbacks wie Justin Herbert, einfach schwächer.
Zusätzlich ist seine Fußarbeit häufig inkonstant. Er führt gerne mal die Steps nach dem Snap aus, um sie auszuführen, obwohl er auf der Stelle stehen bleibt. Das sorgt dafür, dass der Ball gerne mal ein Ticken später rauskommt als er sollte. Dieses Problem geht aber auch Hand in Hand mit dem Elefanten im Raum, der Accuracy.
Der viel wichtigere Grund, wieso Ridder eine Skepsis-Blase über sich schweben hat, sind die vielen Aussetzer in seiner Accuracy. Bisher hat er eine Adjusted Completion Percentage von 72% (Adjusted Completion Percentage = (Completions + Drops) / (Pass Attempts – Spikes – Throwaways – Batted Balls – Balls disrupted by a QB hit).
Das ist eher schlecht als recht und das, obwohl er ein fantastisches Pocketverhalten an den Tag legt. Da stellt sich die Frage, ob man die Accuracy verbessern kann. Ja und Nein. Spieler wie Josh Allen haben es bewiesen, dass man solche Baustellen bearbeiteten kann. Doch dafür benötigt man die richtigen Coaches innerhalb des Teams. Ridder bringt den Willen mit und ich traue unserem Coaching Staff zu, Ridder in die richtige Richtung zu drücken, sodass diese Probleme deutlich verringert werden, auch wenn der Coaching Staff das bisher nicht bewiesen hat, siehe Feleipe Franks. Der Fokus sollte jedoch eindeutig auf der Fußarbeit Ridders liegen, welche sich sehr gut beheben lässt. Wird diese verbessert, sollte sich die Accuracy auch verbessern. Zusätzlich hat Ridder schon in der Vergangenheit gezeigt, dass er seine Schwächen minimieren kann. Doch die Vergangenheit in der NFL belegt, dass Spieler wie Josh Allen eher die Ausnahme sind.
Doch wie in allen Bereichen, spielen die Umstände eine große Rolle. In seinen vier Jahren am College spielte Ridder mit einer eher unterdurchschnittlichen O-Line und einem durchschnittlichen Receiver-Core zusammen. Diese haben ihm das Leben erschwert. Eine bessere O-Line wird er bei den Falcons erstmal nicht finden, aber mit Receivern wie Kyle Pitts und Drake London, die beide jeweils eine Armlänge von 84cm nachweisen können, wird das Passspiel und seine Accuracy vermutlich besser werden können. Ein Patterson hat sich letzte Saison auch als zuverlässige Anspielstation etabliert.
Apropos Drake London. Desmond Ridder und Drake London durften sich den selben Trainer in der Offseason bzw. in der Draft-Vorbereitung teilen. Und zwar "QB-Guru" Jordan Palmer. Jordan Palmer ist ein ehemaliger NFL QB, welcher jetzt jungen QB hilft sich zu verbessern. Er hat Spieler wie Josh Allen, Joe Burrow und Trevor Lawrence trainiert, um nur einige Namen zu nennen. Da beide Spieler zur gleichen Zeit mit Jordan Palmer unterwegs waren, ist es auch passiert, dass Drake London und Desmond Ridder miteinander schon trainiert haben und somit eine kleine Connection aufbauen konnten. Es wird spannend zu sehen, wie die Verbindung zwischen den beiden wächst.
Der Vergleich
Vor, während und nach dem Draft wurde Desmond Ridder mit Marcus Mariota verglichen. Auch er selbst vergleicht sich mit ihn. Grund dafür sind Größe, Gewicht und die Combine Ergebnisse. Auf den ersten Blick würde man meinen, dass die beiden die gleichen Spielertypen sind. Jedoch hinkt der Vergleich leider etwas. Mariota begeisterte auf dem College vor allem durch seine Läufe. Diese kommen auch in der NFL noch häufig genug vor. Gerät Mariota in Panik oder sein erster Read ist nicht da, beginnt der Lauf. Ridder ist da deutlich ruhiger und vertraut mehr auf seine O-Line, wodurch seine Läufe noch gefährlicher sind.
Möchte man Ridder mit einem Spieler vergleichen, so sollte der Blick auf Dak Prescott fallen. Das Pocketverhalten der beiden ist sehr ähnlich, die Armstärke und das Decision-making auch.
Blick in die Zukunft
Nichtsdestotrotz haben die Atlanta Falcons in Runde 3 an Stelle 74 einen Steal hingelegt und können Desmond Ridder in Ruhe nächste Saison ausprobieren. Im Best-Case haben wir hiermit unseren nächsten Franchise-QB gefunden, im Worst-Case einen Back-Up für die nächsten vier Jahre.
Ein Versprechen gab Desmond Ridder den Atlanta Falcons auf jeden Fall schon:
„I’m not leaving until I get a Super Bowl.“
Der Wille ist da und hoffentlich kommt auch der Erfolg.
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